Sonntag, 4. Dezember 2011

Umzug nach Argentinien: Mein Leben in Azara

Hola!

Wie ihr, liebe Freunde und Familie, sicherlich mitbekommen habt, hab ich in letzter Zeit leider wenig von mir hören lassen. Das hat den einfachen Grund, das unheimlich viel passiert ist und ich erst jetzt Zeit finde, all die netten Mails aus Deutschland zu beantworten und auf dem Blog etwas Licht ins Dunkeln zu bringen. Zu Beginn soll jedoch gesagt sein: Ich bin umgezogen und wohne jetzt in Azara, Argentinien.

Der Umzug in grober und detaillierte Sicht. Für südamerikanische Verhältnisse ist es wirklich nur ein Katzensprung über die Grenze nach Argentinien: 90 km Luftlinie - dennoch braucht man sage und schreibe 6 Stunden für die Stecke.

Wie es dazu kam

In dieser Region Südamerikas, im Grenzgebiet von Argentinien und Paraguay, sind wie zu zweit: Felipe und ich. Es gibt demnach auch zwei Stellen, nämlich in Capitan Miranda und in Azara. Da der Padre von Azara, Enrique, aus Gesundheitsgründen die vergangenen drei Montate noch in Deutschland bleiben musste, haben wir in Capitan Miranda zu zweit gewohnte und abgewartet.
Nun haben sich die Dinge so ergeben, dass wir zwischendurch Azara mal besucht haben (Blogeintrag) und jeweils so einen Eindruck von beiden Einsatzorten gewinnen konnten. Tatsächlich haben wir nach längerem Überlegen festgestellt, dass es sinnvoller ist, wenn ich nach Azara gehe und Felipe Capitan Miranda zu seiner Einsatzstelle macht. In erster Linie hat das mit den jeweiligen Arbeitsfeldern zu tun, die so jeweils für jeden von uns passender sind.
Verabschiedung von den vielen Leuten, die ich, und die mich, liebgewonnen haben. Freunde, Schüler, die Schwestern, Bekannte. Sogar eine Abschiedstorte und einen eigenen Radiospot gab es zum Abschied:-).
So hieß es dann für mich: Abschied nehmen. Knapp drei Monate sind eine ganze Weile und ich war beeindruckt und glücklich, mit welcher Herzlichkeit ich von meinen paraguayischen Freunden, Schülern und Bekannten verabschiedet wurde. Auf der anderen Seite jedoch auch ein wenig traurig, da es besonders diese herzlichen Menschen sind, die ich in der Zeit sehr lieb gewonnen habe. Da ich aber sicherlich nochmal zu Besuch kommen werde, ist es zum Glück kein Abscheid auf Ewigkeit.


Das ist Azara
Die schöne Kirche von Azara von außen und innen

Meine Einsatzstelle hier ist eine ländliche Pfarrei im Bundesstaat Misiones, Argentinien. Das Dorf liegt gerade mal 90 km südlich von Capitan Miranda - Durch Zoll, Wartezeiten, schlechte Straßen usw. sind es dennoch 6 Stunden Reisezeit. Azara liegt nahe dem Bundestaat Corrientes (Arg.) und nahe der Brasilianischen Grenze, also im Ganzen sehr zentral. Das Dorf hat ca. 4000 Einwohner, ist in den letzten Jahren jedoch durch die hiesige Holzwirtschaft rapide gewachsen. Hauptwirtschaftszweig ist der Yerbaanbau, die Teesträucher, aus denen das Volksgetränk Mate gemacht wird.
Das nahegelegene Apostoles (ca. 20 km) ist Anlaufstelle für alle größeren Besorgungen und wird zudem als Hauptstadt des Yerbas bezeichnet; etwa 30.000 Einwohner leben hier. Für noch größere Angelegenheiten geht es dann nach Posadas, die Hauptstadt von Misiones. Hier leben 350.000 Leute, die Stadt liegt gegenüber von Encarnacion, wo ich ja quasi gerade gelebt habe.
Die Landschaft ist wunderschön. Liebliche Hügel prägen die Landaschaft und wohin man guckt, nichts als Yerba und Bäume - Natur pur.
Wenn man von Paraguay nach Argentinien kommt, kann man auf jeden Fall schon einen enormen Unterschied wahrnehmen. Da ist zunächst das Spanisch, dass hier doch recht unterschiedlich ist. "Yo" wird zuweilen "Scho" ausgesprochen, kaum Guaranieinfluss mehr etc. Argentinien ist zudem reicher, was sich durch befahrbare Straßen und darauf öfters neuen Autos gleich bemerkbar macht. Den Lebensstandart der Argentinier, sofern ich das bisher beurteile, schätze ich sicherleich auch etwas höher ein. Azara gilt als normales, vielleicht etwas ärmeres argentinisches Dorf. Es ist hier jedenfalls angenehm ruhig, ohne schläfrig zu sein, also wirklich schön.


Die Leute von Azara
Was kann es schöneres geben als herzlich Willkommen zu sein?
Die Menschen, die ich hier bisher kennen lernen durfte sind großartig. Ich bin hier mit einer überwältigenden Freundlichkeit willkommen worden. Generell ist erstmal hier estmal ein Starker Polnisch-Ukrainischer Einfluss bei der Herkunft der Leute zu bemerken. Indigene Einflüsse sind hingegen geringer als in Paraguay. Ich falle jedenfalls als Blonder nicht auf.

Natürlich habe ich hier in erster Linie mit den Menschen hier in der Gemeinde (Spanisch: Parroquia) zu tun. Da lässt sich gleich mal festhalten: Die Parroquia ist großartig, den wunderbar aktiv. Hier ist immer was los, die Leute engagieren sich, machen mit - und das mit vollem Herzen. Viele hier sind so aktiv, dass man hier den harten Kern der Gemeinde schon als eine Art Familie bezeichenen könnte. Das ist wirklich wunderschön und gibt mir die tolle Möglichkeit, gleich voll einzusteigen. Dazu aber gleich mehr.

Woran liegt es, dass sich die Leute hier so gerne in die Gemeinde begeben? Da kann es nur eine Antwort geben . In erster Linie an Padre Enrique. Das der Padre hier, für das Jahr auch mein Padre, und auch Deutsch, Ende 70, gefühlte 50, immer bestens gelaunt. Er ist einen Tag vor meiner Ankunft aus Deutschland zurückgekehrt, wo er ja wegen Gesundheitsproblemen war. Die Leute hier haben ihm einen offenbar unglaublichen Empfang bereitet, jedenfalls sind nun alle feliz, dass sie ihren Padre wiederhaben! Wir verstehen uns ganz toll!
Unsere fidele Männer-WG in einer typischen Junggesellenküche: links Raul, auch mal "Jefe" genannt, rechts Enrique, alias "Padre" und ich, Dani, werde manchmal würdevoll mit "Principe" angesprochen.

Dann gibt es noch viele, viele Freiwillige, die sich hier mit einer unglaublichen Hingabe einbringen - und das oft neben Arbeit, Familie usw. Besonders ist da der Raul zu nennen. Er lebt seit kurzem auch fest im Pfarrhaus und so haben wir also eine nette 3er-Männer-WG hier. Raul arbeitet hier Tag und Nacht, kümmert sich um das Pfarrgelände, denkt mit und ist nebenbei noch auf der Baustelle für ein Altenheimt tätig, welches hier von Stadt und Parroquia gebaut wird.

Die vielen anderen brauche ich jetzt nicht aufzählen, aber es sind viele;-).


Ich in Azara

Obwohl ich hier erst seit 1,5 Wochen bin, habe ich schon das Gefühl top integriert zu sein. Das ist klasse, liegt aber vor allem darin, dass hier immer viel los ist und sich das meiste auch auf dem schönen Gelände der Parroquia abspielt.
Erstmal, wie ich lebe. Ich lebe hier richtig schön. Direkt neben der Kirche gibt es ein etwa 12 Jahre altes Haus, das unten Räumlichhkeiten für Pfarraktivitäten bietet, oben eine große Wohnung mit mehreren Zimmern. Das ist mein Zuhause, das ich derzeit für mich habe. Am Anfang musste ich leider einige Tage lange hart ans Putzen gehen, dabei auch zahllose Spinnen und Pilze eliminieren, aber jetzt ist alles sauber und ordentlich  - und wunderschön. Ich fühle mich richtig Wohl, habe ein schönes Zimmer und vor allem gibt es eine tolle schattige Terrasse mit Ausblick auf den Kirchplatz, was will man mehr?
"Mein" schönes Haus, das "Casa Clemente" von außen, oben lebe ich. Die Terrasse ist mein Lieblingsort und immer angenehm schattig, links unten mein nettes Zimmer mit Ost-und Südseite, die ungenutzte Küche rechts unten.

An Aktivitäten gibt es hier immer vieles, daher schreibe ich auch erst jetzt zurück. Wer mich kennt weiß, dass ich das super finde.
An festen Aufgaben werde ich hier ab sofort die Messdienergruppe und wahrscheinlich auch die Jugendgruppe leiten, bei sind zuletzt etwas eingeschlafen und so ist meine Hilfe gleich gefragt.
Innerhalb der Woche werde ich mich auch um das Mittagessen kümmern, jedenfalls ist das so geplant - Wenn Enrique und Raul nicht schon bald die Notbremse ziehen müssen. Aber nein, ich denke das wird schon gehen und auch lecker:-).
Dann vielen Gruppen:
Caritasgruppe: Hier lernt man die verschiedensten sozialen Schichten kennen und kann den ärmsten der Armen helfen und für sie dasein, super!
Liturgiegruppe: Hier wird die Liturgie der Woche ausgesucht, vorbereitet und diskutiert.
Tempeldiener: Eine heitere Gruppe, die jeden Samstagmorgen die Kirche auf Hochglanz bringt.

In den Messfeiern habe ich eine besondere Ehre: Als Missionar auf Zeit, darf ich die Feier vorne neben dem Padre feiern und sogar die Kommunion austeilen, ich wusste gar nicht, dass ich sowas darf!
Ich in der Messe: Sogar die Kommunion darf ich austeilen.

Auch Gartenarbeit gibt es hier, hier wird mir Raul demnächst einweisen und dann wird da auch mit angepackt.

Ja und dann gibt es immer noch zahllose Dinge die gerade einfach Tagesgeschäft sind. Jetzt gerade zum Beispiel: Der Pilgertag am 8. Dezember zur Jungfrau Maria, danach alles für Weichnachten, also Deko, Krippenspiel usw.

Also es gibt viel und ich freue mich darüber und möchte hier geben, was ich geben kann.

Aktuelles

In der Gemeinde ist generell viel los, nun aber besonders viel, denn Weihnachten steht vor der Tür. Die Adventszeit ist ja für jeden Christen die Zeit der Vorbereitung, was hier aber auch bedeutet: Es muss ordentlich angepackt werden. Das betrifft dann zum Beispiel das Krippenspiel, das an Heiligabend durchgeführt wird, Caritasaktionen für Bedürftige, die Herrichung der Kirche usw. Vor allem letzteres ist hier enorm, denn jedes Jahr wird die Kirche micht einer Beleuchtung bestückt,  von der mir alle nur sagen, dass es mich überwältigen wird. Gut, zünächst überwältigt es mich dann wohl, alles aufzuhängen;-).

Nächste Woche werden wir schwer damit beschäftigt sein, einen Umzugswagen zu bauen, denn am 8. Dezember ist der große Marienfeiertag. Dann gibt es eine Prozession, die um 4 Uhr morgens beginnt an einen 9 km entfernten Ort und dort dann eine Messe. Wie überall in Südamerika verdient Maria hier eine besondere Huldigung.

Der der Padre so lange nicht da war, ist erstmal eine ganze Menge nachzuholen. Die Jugend- und Messdienergruppe werde nun ich etwas "wiederbeleben", worauf ich mich sehr freue. Vor allem letztere müssen ja Weihnachten in Topform sein.

Dann wird natürlich auch immer viel gefeiert. Immer wieder gibt es "Cumple-Cince", also die spektaculären 15. Geburtstage, die die Mädchen hier feiern (als Prinzessinnen mit unglaublichem Spektakel, Aufwand, Asado usw.), von denen ich schon zwei hier miterlebt habe. Dann feiern nächste Woche die Schüler das bestehen ihres Abiturs ("Bachillerato"), das Bürgermeisteramt wird übergeben, ein Priester hat 50. Priesterjubiläum, und, und, und. Es ist hier vieles los...aber das ist gut so!

Ich freue mich nun hier auf eine schöne und vor allem andersartige Weihnachtszeit, bei gut 35°C am Tag. Ich hoffe man hört heraus, dass ich glücklich und gerne hier bin. Ich wünsche auch Euch, eine angenehme Weihnachtszeit, dass ihr euch nicht vom Stress einnehmen lasst und auch Ruhe einkehren kann.


Muchos saludos y un abrazo fuerte,

Daniel (das "el" schenken sie sich hier)

Dienstag, 8. November 2011

Kulturelle Vielfalt im Herzen von Südamerika

Hola queridos amigos! Mit Freude kann ich behaupten, dass ich hier in einem Teil von Paraguay lebe, der an kultureller Vielfalt kaum zu überbieten ist. Das hat sich in den letzten Wochen ganz besonders bemerkbar gemacht und ich bin mir sicher, das ist auch für euch spannend!
Ich bei den Ruinen von Trinidad - besonders bei Abenddaemmerung wunderschoen.
  1. Der europäische Einfluss
Zunächst einmal gibt es hier in Capitan Miranda und der Region an sich Einflüsse aus aller Herren Ländern. Es gibt kaum einen, der von sich behaupten kann, wirklich keine ausländischen Wurzeln zu haben. So tummeln sich hier u.A. Japaner, Ukrainer, Niederländer, Russen, aber nicht zuletzt auch sehr, sehr viele Deutsche. Es kommt nicht selten vor, dass ich mitten in einem Gespräch von einem deutschen Satz überrascht werde. Wie kommt das also?
Erstmal ist Paraguay an sich ein traditionelles Einwanderungsland und anders als in vielen anderen Regionen sind die Einwanderer hier normalerweise sehr erfolgreich und wirtschaftlich wichtig. Die Mennoniten beispielsweise, deutschstämmig, waren die ersten, die tatsächlich den Chaco erfolgreich bewirtschafteten- heute sind sie eine echte Wirtschaftsmacht in Paraguay! Meine Region hier ist ein Stück weit tatsächlich eine deutsche Kolonie. Nicht weit von uns lieg z.B. „Hohenau“, eine quasi deutsche Siedlung und auch anhand der Namen vieler Geschäfte lässt sich die Deutschstämmigkeit erkennen.
Links bin ich als Deutscher mit Sandra, der Fast-Deutschen auf dem Kulturfest einer Schule. Rechts: Tanz beim Kolomeika, ein ukrainisches Fest.
Generell schön an diesem Kulturmix ist vor allem: Jeder hält seine Traditionen in Ehren und das ermöglicht öfters spannende Kulturfeste, wie ich sie kürzlich mehrfach erleben durfte. Ich genieße das in vollen Zügen.
Vor einer guten Woche war da das „Kolomeika“, ein riesengroßes Fest der ukrainischen Gemeinschaft hier, das über lange Zeit vorbereitet wird. An dem Abend an sich gibt es dann typische Musik, Tanz, Dekoration und traditionelle Trachten. Vor allem aber: Essen, essen, essen – weitestgehend landestypisch.
Das riesige Kulturfest der Schule San Jose mit tollen Vorstellungen und Speisen aus aller Welt.
Auch die Schulen hier nehmen das Thema der Kulturenvielfalt sehr ernst. San Jose beispielsweise, die Schule die ich oft besuche, hat über Wochen durch Projektarbeit ein ebenfalls großes Fest auf die Beine gestellt in denen dann jeder Kurs Tänze, Speisen, Souveniers, etc. vorbereitet hat. Die kleine Weltreise umfasste Argentinien, Paraguay, Cuba, Mexico, Brasilien, USA, Hawaii, Spanien, Ukraine, Kolumbien und, ja, auch Deutschland! Für mich war das Fest ein ganz besonderer Abend, da ich ja nun auch schon sehr viele Schüler kenne und richtig gerne habe.

  1. Die Guarani-Kultur
In eine ganz andere Richtung, aber mindestens genauso schön, geht der Einfluss des Guarani. Die Guarani sind das Indiovolk Paraguays, natürlich mit eigener Kultur und, eng damit verknüpft, eigener Sprache. Was Paraguay im Vergleich zu allen anderen Ländern Südamerikas besonders macht ist, dass die Guarani-Sprache hier offizielle Amtsprache neben dem Spanisch ist. So sind neben Behördengängen auch Schulunterrichtsstunden tatsächlich möglich. Ich finde das wunderbar und respektvoll. Die meisten Leute hier sprechen tatsächlich beide Sprachen, wobei wohl das Guarani im Haus mehr angewendet wird, für den Rest aber eher Spanisch üblich ist. Kleiner Haken für mich ist, dass eine häufiges Gemisch aus beidem für mich nur schwer zu verstehen ist und die Kinder manchmal einfach einen Riesenspaß daran haben, mir gegenüber eine „Geheimsprache“ zu haben. Immerhin haben sie mir die wichtigsten Frasen auch schon verraten, so bin ich nicht ganz hilflos ausgeliefert.
Janko und ich bei den Ruinen von Jesus - verbotenerweise auf dem ehemaligen Kirch- und Wachturm.
Die Geschichte der Gurarani in der Region hier ist SPANNEND! Tipp: Es gibt einen großartigen Film „The Mission“, etwa 20 Jahre alt, der die Situation gut darstellt.
Es ist nämlich so (vereinfacht): Als die Konquistadoren die Guarani unterwerfen und ausbeuten wollten, haben sich die Jesuiten eingesetzt und Reduktionen gebaut, in denen sie sicher waren. Die Indios haben sich im Gegenzug den jeweiligen Jusitenpadres untergeordnet und den christlichen Glauben angenommen. In diesen Reduktionen wurden unglaubliche Leistungen in Kunst und Kultur vollbracht. Man muss ich das vorstellen: 5000 Indios haben in einer Reduktion gewohnt – zwei Padres haben sie geleitet und es hat bestens funktioniert. Leider nahm diese tolle Geschichte Ende des 18. Jahrhunderts ein jähes Ende: Die Jesuiten waren den Spaniern zu erfolgreich (->Konkurrenz zur Ausbeutung) und wurden gezwungen das Land zu verlassen. Die Reduktionen wurden zwar noch von den Franziskanern weitergeführt, waren aber innerhalb weniger Jahrzehnte meist komplett verlassen.
Die unbeschreiblich schoenen Ruinen von Trinidad vom wiedererbauten Turm aus fotografiert.

Das Großartige an diesen Reduktionen ist, dass zwei der Besten nur einen Tagestrip entfernt liegen und noch gut erhalten sind: Jesus und Trinidad. Diese Ruinen sind das Unesco-Weltkulturerbe mit den wenigsten Besuchern weltweit, mangels touristischer Erschließung. Gerade das macht aber einen Besuch so schön. Man kann durch die alten Gemäuer schlendern und sich von dem Geist dieser magischen Orte verzaubern lassen. Besonders Trinidad hat es mir angetan. Dort gibt es seit 3 Jahren auch eine nächtliche Lichtershow, mit Originalmusik aus der Jesuitenzeit. Wir haben die Ruinen am vergangenen Wochenende besucht. Die Gelegenheit war bestens, weil gerade auch Janko, Missionar auf Zeit in Bolivien zu Besuch war und das Wetter bestens mitgespielt hat.
Ich hoffe, meine kleine Kulturstunde hat euch gefallen;-).
Muchos saludos,
Daniel

Dienstag, 18. Oktober 2011

Kurztrip nach Azara, Argentinien

Liebe Grüße de Neuvo!

Heute finde ich Zeit und Lust, von unserem Kurztrip nach Azara zu schreiben. Wie viele vielleicht wissen, bin ich in Capitan Miranda gerade nicht der einzige Voluntario. Auch Phillip ist seit einigen Wochen bei uns und wird noch für unbestimmte Zeit bei uns bleiben. Grund ist, dass der Padre, bei dem er in Argentinien, Azara, wohnen wird, derzeit aus Gesundheitsgründen noch in Deutschland ist und so bleibt Phillip für eine Weile bei uns.
Super ist jedenfalls, dass wir dieses Wochenende die Gelegenheit hatten, uns in Azara mal umzuschauen!
Das circa 6000 Einwohner kleine Dorf liegt in der Argentinischen Grenzregion zu Brasilien und ist von Encarnación aus etwa 90 km entfernt. Doch wer glaubt das wäre schnell zurückgelegt fehlt weit.

Ein voller, uralter Bus in Paraguay - heisst leider bei etwas Steigung: Er geht kaputt.
Gerade die Hinfahrt war ein Abenteuer: Zunächst ist der Bus nach Encarnacion bei einem Anstieg kaputt gegangen. Heißt: Warten und umsteigen. Das Überschreiten der Grenze hat ebenfalls, den nötigen Stempeln zuliebe, sehr lange gedauert. Somit waren wir dann auch zu spät beim Busterminal von Posadas, der großen argentinische Stadt direkt hinter der Grenze. Dadurch wiederum haben wir den richtigen Bus verpasst usw. Nach fast 5 Stunden, um 22.30 Uhr jedenfalls, waren wir endlich da. Also tatsächlich direkt zur argentinischen Abendessenszeit.
Azara hat eine aktive Gemeinde und somit wurden wir direkt von vielen sehr netten Leuten in Empfang genommen. 

Auffällig ist sofort, dass das Spanisch ein ziemlich anderes ist. Während in Paraguay doch stets der Guarani-Einfluss zumindest zu hören ist, ist die Sprache in Argentinien klarer, auch wenn man nicht "Yo" sondern "Scho" sagt. Mich hat das sehr gefreut und ich habe das Wochenende genutzt, um so viel wie möglich mit den Leuten zu kommunizieren. Es freut mich dabei, mit meinem Spanisch super voranzukommen und das Lob der Leute ist immer wieder eine neue Motivation.
Am Samstag wurde uns die schöne Region ringsherum gezeigt. In erster Linie gibt es sehr viel „Campo“, also Land auf dem Viehzucht betrieben wird. Aber auch mit einem Urwald kann die Gegend aufwarten und so war ein abenteuerlicher Trip mit dem Pickup möglich, der dann am Rio Uruguay, dem Grenzfluss zu Brasilien endete.
Mit dem Pickup quer durch den Urwald Richtung Rio Uruguay.
Phillip links und Cocujo rechts vor dem Pickup der Pfarrei.
Abends am Samstag war ja klar, was anstand: Asado. In Argentinien so normal wie das Feierabendbier in Deutschland! Und ich wünschte ich könnte euch denn tollen Duft einer solchen typischen Mahlzeit irgendwie rüberschicken. Jedenfalls ist es wirklich lecker und auch immer ein gesellschaftliches Ereignis. Auffällig ist sicherlich, dass das Fleisch immer mit allen geteilt wird und nicht wie in Deutschland zuweilen penibel zuvor aufgeteilt wird.
Zubereitung des Fleisches ist natürlich Männersache. Die Salate unserer compañeras sind aber auch sehr gut:-).
Die tolle Voluntariogruppe der Gemeinde beim nächtlichen Asado.
Am Sonntag lernten wir dann das Gemeindeleben noch besser kennen. Es gibt in Azara eine schöne Kirche mit einer gut besuchten Messe. Eine tolle Band begleitet musikalisch und wir wurden sogar am Ende der Messfeier der Gemeinde vorgestellt.
Was mich zutiefst beeindruckt hat ist der Einsatz einiger Leute. Es ist wunderbar, wie viel Freizeit einige dafür aufopfern, um das Gemeindeleben am Laufen zu halten – auch wenn der Padre über Monate nicht da ist. Zudem wird jeden Tag der Rosenkranz von einigen gebetet, um dem Padre in seiner Gesundheitssituation zu stärken.
Die schöne Kirch von Azara nach der Sonntagsmesse.
Die Musikgruppe, die die Messe wirklich schön und modern begleitet.
Am Montagmorgen war dann schon wieder Abreise angesagt. Diesmal mit weniger Komplikationen auf der Fahrt. Insgesamt also ein wirklich schöne und erholsamer Trip!
Beim nächsten Eintrag werde ich dann wohl näher schreiben, wie mein Leben hier in Capitan Miranda unterdessen so ausschaut. Bis dahin aber muchos saludos aus dem Frühling Paraguays!
Daniel

Mittwoch, 21. September 2011

Der Weltwunder-Trip: Iguacu-Wasserfälle, Itaipu-Staudamm, Ciudad del Este!

Nun bin ich schon seit fast 7 Wochen in meiner einjährigen Wahlheimat und wundere mich wie die Zeit vergeht. Letzte Woche musste es dann sein: Ein gigantischer Trip stand an und zwar nach Ciudad del Este um einige der sogenannten neuen Weltwunder“ zu besuchen:
  • Die Iguacu-Wasserfälle gelten vielleicht als das größte Naturschauspiel der Welt
  • Der Itaipu-Staudamm ist der größte Energieerzeuger der Welt und offiziell zu einem „technisches Weltwunder“ gewählt worden
  • Und Ciudad del Este…nunja, könnte als Weltwunder für die hässlichste, dreckigste, ungesundeste und eventuell auch gefährlichste Stadt herhalten!

Auf geht’s!

Aufbruch in Capitan Miranda, Busfahrt, Ankunft im Hostel in Ciudad del Este
Donnerstag, der 15. September. Wagemutig steige ich in einen Reisebus ein. Runtergekommen ist er. Aus 4,5 Stunden Reisezeit werden 6. Doch das Adrenalin auf die großen Ereignisse lässt mich alle widrigen Umstände tapfer hinnehmen.
Um 17 Uhr komme ich am Terminal an. Leider macht „CdE“(Ciudad del Este) allen finsteren Mythen schon jetzt ehre. Bettelnde Indiokinder schauen mich traurig an. Als ich ein Foto vom Busterminal machen möchte hält ein Auto neben mir: „Du kannst hier keine Kamera rausholen, demasiado peligroso!“
Endlich komme ich dann abends in unserem Hostel an. „Unserem“, weil sich Viktoria, eine deutsche Freundin, die in Asuncion studiert, auch in das Abenteuer wagt und schon auf mich wartet. Und zwar in einem wunderschönen Hostel, das leider nicht gut liegt, aber das schlimme Umfeld vergessen macht. Nach einem Abendessen im besten Chinarestaurant und einem gefährlichen Rückweg ins Hostel heißt es dann: Früh schlafen gehen, denn…

Iguacu-Wasserfälle, Brasilianische Seite, Wahnsinn!

Diszipliniert wie wir sind stehen wir wie geplant in aller Frühe auf, genießen den Sonnenaufgang, frühstücken und brechen auf. Nach der Ausreise nach Brasilien, einer Taxifahrt mit einem dubiosen Fahrer war es dann so weit. Wir sind beim Nationalpark Iguacu angekommen.
Iguacu ist das schönste, beeindruckenste und unglaublichste, was ich in der Natur bisher gesehen habe. Und viele sagen: Das bleibt auch so, no hay nada mas magnifica!
Beginn vorm Nationalpark, geniessen, platschnass werden, vom schoenen Iguacu zum haesslichen CdE, bestes Abendessen und paraguayanischen Rohrschnaps zum Tagesausklang, wow!
Wir haben uns entschieden mit dem Flusslauf zu gehen und das war auch gut so. Kaum ahnt man etwas, wenn man den Fluss kurz von „Cataratas“ betrachtet. Dann kommt allerdings dieses unglaubliche Spektakel, laut und absolut unerwartet! Ich könnte nun in ausbreiten, wie die Wasserfälle sind. Aber es gibt weder Worte noch Medien, die dem gerecht werden könnte. Ich kann mir nicht erklären, wie so etwas existieren kann, ohne dass sich jemand etwas dabei gedacht hat. Das dachten sich auch die Guarani-Indianer und erfanden folgende Sage (Kurzform):
Einem Gott wurde die schönste Jungfrau des Stammes versprochen. Am Opfertag entführt sie jedoch ein Stammeskrieger heimlich mit dem Kanu. Das merkt er jedoch und schlägt ein mit aller Wucht in den Fluss. Dort ist nun Iguacu. Die Jungfrau wird in einen Fels verwandelt, auf den ständig Wasser einprallt, der Kriege zu einem Baum weiter oben. Für ihn heißt es zu Strafe „Nur gucken, nicht anfassen“ – Wie bitter!
Nach unzähligen Fotos, man findet sie alle relevant, ging es dann abends erschöpft der Energie und erfüllt des Erlebnisses zurück in unser Hosel.

Itaipu – Das Kontrastprogramm

Unglaublich ist die Natur in Iguacu, unglaublich der Mensch in Itaipu.
Itaipu ist das nach Leistung größte Wasserkraftwerk der Welt, ca. 35 Jahre alt und liegt genau auf der Grenze Paraguay - Brasilien.
Es gibt 20 Turbinen, wovon nur eine reicht um Paraguay mit Strom zu versorgen. Der Rest vom Paraguayanteil wird verkauft und so ist Itaipu für das Land ein unheimlich wichtiger Geldbringer, 3,3 Mrd. USD im Jahr.
Schön für uns: Alle Besichtigungen sind zu PR-Zwecken kostenfrei! Wir haben uns zwei davon gegönnt, die Lichtershow und die normale Tour.

Panaromaausblick vorm Staudamm, Abends die wunderschoene Lichtershow mit lauter Musik.
Die Größe dieses Bauwerkes ist unfassbar und weltweit selten erreicht. Ein wirklich tolles Erlebnis. Was allerdings die Freunde der Wasserkraft auch wissen sollten: Es wurden durch den Stausee 40.000 Indianer umgesiedelt, Natur zerstört UND Wasserfälle, so schön wie Iguacu, wurden für immer vernichtet. Schade!

Ciudad del Este – Nicht schön aber selten

Nie habe ich eine Stadt gesehen, die mich so angestrengt hat wie CdE. Die Die ursprüngliche Planstadt ist keine 60 Jahre alt, hässlich, vergast, laut, sehr unsicher.
An jeder Ecke wird Elektronik verkauft, v.A. an die vielen Grenzgänger, die aus Brasilien kommend billig einkaufen wollen – Eine einzige Räuberhöhle! Der Großteil des Handels ist illegal, man kann Waffen kaufen, einfach so auf der Straße! Viktoria und ich haben die Stadt gehasst, auch weil man überall das Gefühl hat nicht sicher zu sein und so immer unter Stress steht. Ein Erlebnis ist dieses Handelszentrum jedoch schon. Mehr aber nicht;-).
Mehr muss man nicht sagen, das Bild sagt alles;-).

Das kleine Extra – Saldo Monday

Was im Turi-Hype um Iguacu untergeht: Es gibt in der Nähe von Cde auch wunderschöne Wasserfälle. Generell groß, gegenüber Iguacu aber klein – Ein Geheimtipp für alle. Auch weil Iguacu 25 Dollar kostet, Monday 0,5 USD. Es ist vor allem deshalb schön, weil der Ort touristisch wenig erschlossen und angenehm ruhig ist, man kann sich direkt neben die Wasserfälle setzen und die Gedanken baumeln lassen!
Salto Monday-Wasserfall - hier kann man ganz nah ans Wasser.


Nach drei sehr vollen Tagen mit tollen Eindrücken, gutem Hostel und abends stets bestem, selbstgekochten Essen ging es dann Sonntag abend wieder zurück in den Einsatz hier in Capitan Miranda.
 
Der Status quo hier ist folgender (sehr kurz):
Seit dem Wochenende ist nun auch Philip hier. Er ist ein anderer Freiwilliger aus unserer Gruppe und eigentlich in der Nähe in Argentinien eingesetzt. Allerdings ist sein Padre nicht gesund, so wird er voraussichtlich 2-3 Monate bei uns bleiben.
Ich habe hier guten Anschluss an die Jugend im Dorf gefunden, gehe drei Mal pro Woche in eine örtliche Schule zum helfen & kennen lernen und werde nun weiter herausfinden, wie ich mich dort am besten einbringen kann. Bald gibt es sicher mehr zu sagen;-)

Beste Grüße nach Deutschland: während Ihr den Herbstanbruch habt ist hier nun Frühlingsfest;-)

Euer Daniel